«Von Null auf Hundert»

    Coronavirus-Schulschliessungen – Die Woche «danach»

    Am Montag 16. März stellten in der Schweiz in Folge der Coronavirus-Krise alle Schulen ihren Präsenzunterricht ein. Daniel Herzog, CEO der Lernwerkstatt Olten erzählt, welchen Innovationsschub dies beim schweizweit führenden Anbieter für Erwachsenenbildung, Coaching und Mentoring auslöste.

    Lernwerkstatt Olten
    (Bild: zVg) Die Weiterbildungseinrichtungen mussten innerhalb weniger Tage reagieren, damit der Unterrichtsbetrieb weiter laufen konnte.

    «Eigentlich bin ich nicht abergläubisch, aber an diesem Freitagnachmittag des 13. März’ kurz vor der Pressekonferenz des Bundesrates hatte ich ein etwas ungutes Gefühl. Und es kam, was nicht zu vermeiden war: Alle Schulen müssen ihren Präsenzunterricht einstellen. Natürlich hatten wir in der Geschäftsleitung der Lernwerkstatt Olten in der vorangehenden Woche bereits erste Strategien und Massnahmen entwickelt um diesem Szenario begegnen zu können. Das interne Pandemieteam war gebildet und der Pandemieplan stand. Homeoffice war vorbereitet und die ersten Tests mit dem Videokonferenzsystem Zoom hatten bereits stattgefunden. Aber jetzt ging es plötzlich sehr schnell.»

    Erstes Krisenmeeting
    Noch während der Pressekonferenz traf sich die Geschäftsleitung per Videokonferenz. Schnell war klar, dass die Weiterführung des Schulbetriebes oberste Priorität hat. Hängen doch daran die Existenzen von dutzenden freiberuflichen Kursleitenden. Das Lehrgangsangebot der Lernwerkstatt Olten ist mit unzähligen Abhängigkeiten sehr komplex und viele hundert Lehrgangsteilnehmende haben sich Termine fix reserviert. Ein Unterbruch des Unterrichtes während Wochen oder Monaten – dieses Szenario war undenkbar.

    Jetzt ist Eile geboten
    Um 16 Uhr und an den 30 Standorten der Lernwerkstatt Olten waren noch unzählige Klassen bis 17 Uhr im Unterricht. Es galt, alle zu informieren, dass die Termine vom Samstag und Montag ausfallen. Parallel dazu begannen die Mitarbeitenden auf der Geschäftsstelle weitere Klassen, die am Samstag und Montag Unterricht gehabt hätten zu informieren. Augenblicklich explodierte die Anzahl von Telefonanrufen und E-Mails verunsicherter Kunden. Auf der Website wurde am gleichen Abend ein Informationsbereich für die Teilnehmenden aufgeschaltet. Alle Kursleitenden erhielten in Form einer E-Mail die Zusicherung der Geschäftsleitung über die Aufrechterhaltung des Unterrichtsbetriebs und Antworten zu den wichtigsten Fragen. Für den Samstag wurde ein Telefondienst für Kunden und externe Mitarbeitende sichergestellt. Das Wochenende wurde von der Geschäftsleitung genutzt, um alle nun nötig werden Aktivitäten zu planen und erste Aufträge zu vergeben.

    Erster virtueller Unterrichtstag nach 18 Stunden
    Jetzt hiess es den Präsenzunterricht schnellstmöglich auf virtuelle Kurstage via Videokonferenzsystem Zoom umzustellen. Die Lernwerkstatt Olten hat in den letzten beiden Jahren die Digitalisierung im Bildungsbereich bereits aufgenommen und unter www.digital-training.ch ein Angebot zur digitalen und virtuellen Unterstützung von Lern- und Coachingprozessen aufgebaut. So bieten wir beispielsweise Webinare oder das SVEB-Weiterbildungszertifikat «Lernprozesse digital unterstützen» an. Dieses Know-how half uns, schnell zu reagieren. Bereits am Samstag besuchten zwei Klassen ihren ersten virtuellen Unterrichtstag.

    Keine Kompromisse bei Methodik und Lernzielerreichung
    Die Lernwerkstatt Olten ist bekannt für einen aktiven und abwechslungsreichen Unterricht. Wir bilden Erwachsenenbildner/innen, Coaches und Mentoren aus. Unsere Lehrgänge sollen diesen gleich als Beispiel eines guten Unterrichts dienen. Das heisst: Unsere Unterrichtspläne müssen in Kürze alle auf das neue virtuelle Unterrichts-Setting angepasst werden. Am Montag tagte erstmals die Fachverantwortlichen-Task-Force. Die Fachverantwortlichen sind bei der Lernwerkstatt Olten unter anderem für die inhaltliche Gestaltung der Lehrgänge zuständig. Sie organisieren nun zusammen mit ihrem Kursleiterteam alle nötigen Anpassungen.

    80 Kursleitende ausbilden
    Nun hiess es aber auch die Kursleitenden in der Handhabung von Zoom fit zu machen. Wie organisiere ich virtuell eine Gruppenarbeit? Kann ich auch übers Netz eine Instruktion halten? Wie präsentiere ich und wie stellen die Teilnehmenden ihre erarbeiteten Resultate dem Plenum vor? Fragen über Fragen. Am Dienstag und Mittwoch wurden 80 Kursleitende in insgesamt fünf Webinaren auf die neue Form des Unterrichtens vorbereitet. Das Ganze hat sofort eine nie erwartete Dynamik angenommen. Die Kursleitenden organisieren untereinander Erfahrungsgruppen, helfen einander mit Tipps und Tricks, hospitieren sich virtuell im Unterricht – und alle sind dabei. Unglaublich.

    Teilnehmende fit machen
    Schnell stellte sich die Frage, ob denn alle unsere Teilnehmenden den Schritt ins virtuelle Schul-Zeitalter problemlos schaffen. Was machen wir, wenn es einige Teilnehmende am ersten virtuellen Kurstag nicht schaffen die Audio- und Videoverbindungen herzustellen? Über Nacht hat ein Kursleiter ein Erklärvideo zur Installation von Zoom erstellt. Seit Donnerstag haben unsere Kunden die Möglichkeit für ein Testmeeting mit der Geschäftsstelle. Bereits haben 62 Personen das Angebot wahrgenommen. Alle haben mit mehr oder weniger Unterstützung den Einstieg in die Virtualität geschafft. Unsere Internetagentur hat in Windeseile auf unserer Website für die Testmeetings ein Buchungssystem implementiert, welches ab der kommenden Woche online sein wird und den internen Prozess vereinfacht. Es zeigt sich, dass sich die Teilnehmenden auf das neue Setting einlassen, das virtuelle Lernen als zusätzliche Lernchance sehen und richtig Spass haben. Einige haben sich vorgewagt und bereits ihre Kompetenznachweise, wie beispielsweise die Minilektion virtuell durchgeführt.

    Krisenkommunikation
    Zwischenzeitlich wurden auf allen Ebenen Gefässe zur Krisenkommunikation installiert. Das morgendliche «Pyjama-Meeting» der Führung, tägliche Updates auf der Website, Kursleiter-Infos oder auch die Open-Zoom-Politik unserer Leiterin «Produkte/Entwicklung Erwachsenenbildung». Während bei einer Open-Door-Politik die Bürotür zu bestimmten Zeiten für Anliegen der Mitarbeitenden stets offensteht, ist bei ihrer Open-Zoom-Politik der virtuelle Meetingraum immer offen und die Mitarbeitenden und Kursleitenden können sich mit der Leitung unkompliziert besprechen.

    Kulanz wird sich auszahlen
    In Olten betreibt die Lernwerkstatt Olten ein eigenes Seminarzentrum (www.seminarraum-kursraum.ch). Der Totalausfall während voraussichtlich Monaten schmerzt. Trotzdem sind wir kulant. Alle unsere Kunden können ihre gebuchten Seminarräume während der besonderen Lage kostenlos stornieren. Hier machen wir aktuell aber auch andere Erfahrungen. Die Lernwerkstatt Olten mietet sich an ihren 30 Kursorten bei unzähligen Schulen und Hotels für ihre Lehrgänge ein. Eine Mehrzahl der Vermieter zeigen sich ebenfalls sehr kulant. Einige beharren aber auch auf ihren Annulationsbedingungen. Diese werden wahrscheinlich langfristig Kunden verlieren.

    Anmeldungen bleiben aus
    Die aktuelle Krise verunsichert viele Personen. Anmeldungen für Lehrgänge tröpfeln seit Freitag nur noch vereinzelt rein. Aber gerade jetzt hätten viele Personen Zeit eine Weiterbildung zu besuchen. Dank eines sehr guten Vorbucherstandes können die in den nächsten Monaten startenden Lehrgänge durchgeführt werden, auch wenn nur noch wenige Anmeldungen dazu kommen sollten. Diese Durchführungsgarantie gilt es nun zu kommunizieren. Bereits haben wir auf Online-Beratungen und Online-Infoveranstaltungen umgestellt. Am kommenden Montag findet somit der erste Online-Infoabend unserer 23-jährgen Geschichte statt.

    Ein noch nie dagewesener Innovationsschub
    In der vergangenen Woche hat die Lernwerkstatt Olten ein noch nie dagewesener Innovationsschub erlebt. Viele der nun in Kürze umgesetzten Massnahmen waren für die nächsten zwei Jahr in Planung, aber nie in dieser Konsequenz. Die Krise bewirkt auch, dass wirklich alle unserer Kursleitenden auf den Zug aufgesprungen sind, denn eine wirkliche Alternative gibt es nicht. Das World Economic Forum (WEF) spricht davon, dass sich die Zwangspause als Katalysator für eine längst fällige Modernisierung im Bildungsbereich erweisen könnte. Bei der Lernwerkstatt Olten trifft dies definitiv zu. Bereist treffen die ersten Anfragen anderer Schulen ein. Gerne stellen wir unser Know-how zur Verfügung und sind aktuell daran unser Angebot im Bereich www.digital-training.ch auszubauen.

    Was bringt die Zukunft
    Die Umstellung auf den virtuellen Kursbetrieb ist innerhalb Wochenfrist erfolgt. Bis am 2. Mai führen wir keine Präsenzveranstaltungen mehr durch, gehen aber davon aus, dass sich die Krise bis zum Sommer hinziehen wird. Zwar werden wir dieses Jahr voraussichtlich eine Umsatzdelle erleiden, dank einer guten Liquidität und dem enormen Einsatz aller Mitarbeitenden, Kursleitenden und Geschäftspartnern wird die Lernwerkstatt Olten aber gestärkt aus der Krise hervorgehen. Seit dem ominösen Freitag, der 13. ist viel passiert. Und zum guten Schluss: Bleiben Sie aktuell zu Hause – vieles geht auch virtuell.

    JoW

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